Post Stroke Depression (PSD): Was sind die typischen Anzeichen?

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Post Stroke Depression ist eine Form der Depression, die bei Menschen nach einem Schlaganfall auftritt.
  • Schätzungsweise jeder dritte Patient entwickelt eine Post Stroke Depression.
  • Es gibt verschiedene Anzeichen, die jedoch für das persönliche Umfeld nicht immer ersichtlich sind.
  • Eine Post Stroke Depression lässt sich therapeutisch und/oder medikamentös behandeln.
Post Stroke Depression (PSD): Was sind die typischen Anzeichen?

Wieso kann sich nach einem Schlaganfall eine Depression entwickeln?

Bisher konnte wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt werden, ob eine Depression nach einem Schlaganfall durch die Schädigung des Gehirns oder durch eine Reaktion auf die Erkrankung verursacht wird.

Durch einen Schlaganfall kommt es meistens zu einer dauerhaften Schädigung einer umschriebenen Hirnregion. Dieser Schaden kann zu Einschränkungen im Gefühlsleben des Patienten führen.

Meist kommt es zu einer für das persönliche Umfeld wahrnehmbaren Wesensänderung der Betroffenen. Allerdings kann sich eine Depression auch ohne Wesens- oder Verhaltensänderung entwickeln und ist daher für das persönliche Umfeld nicht oder nur schwer erkennbar.

Eine Depression kann sich aber auch als Reaktion auf die plötzlichen körperlichen und geistigen Einschränkungen, die durch einen Schlaganfall entstehen, entwickeln. Auch die Sorge vor einem erneuten Schlaganfall belastet viele Patientinnen und Patienten.

Wann treten Depressionen nach einem Schlaganfall meistens auf?

Meist treten Depressionen erst einige Wochen nach dem Schlaganfall auf. Zunächst stehen die rein körperlichen Beschwerden oder Einschränkungen im Vordergrund. Erst nach einiger Zeit beginnt auch die geistige Verarbeitung des Schlaganfalls. Die Betroffenen werden sich ihrer Einschränkungen bewusst und müssen lernen, mit den Folgen ihres Schlaganfalls zu leben.

Was sind typische Anzeichen?

Anhaltend traurige Grundstimmung

Betroffene quälen negative und traurige Gedanken. Sie sind schwermütig, trübsinnig, niedergeschlagen, verzweifelt, ohne positives Lebensgefühl und empfinden sich innerlich als leer. Auch Gleichgültigkeit und Erlöschen von Gefühlen, wie die Liebe zu den nächsten Angehörigen, können vorkommen.

Die Traurigkeit wird von manchen Patienten als körperliche Missempfindung erlebt, als Druck in der Herz- oder Magengegend, Druck auf der Brust, Gliederschwere oder allgemeine Erschöpfung. 

Äußerlich wird die gedrückte Stimmung durch einen traurigen Gesichtsausdruck, Rückzugstendenzen und zunehmende Verstummung deutlich. 

Antriebshemmung

Weder das Handeln noch das Denken erfolgen in gewohnten Bahnen. Schon das Aufstehen am Morgen fällt schwer, es wird als “Morgentief” bezeichnet. Auch die einfachsten täglichen Verrichtungen wie die Morgentoilette, das Anziehen oder das Essen benötigen unmäßig viel Zeit. Entschlussfreude und Schwung fehlen. Jede Beschäftigung oder Arbeit fällt schwer oder wird gänzlich unterlassen, was nicht selten zu einem Minderwertigkeitsgefühl und Selbstvorwürfen führt.

Die Antriebsarmut drückt sich auch in der allgemeinen Beweglichkeit aus. Die Bewegungen sind verlangsamt, der Gang schleppend, der Gesichtsausdruck leidend bei eingeschränkter Mimik. Die Sprache ist verlangsamt, eintönig und leise.
Andere Patienten sind eher unruhig, laufen rastlos umher, jammern vermehrt und äußern händeringend ihre Nöte.

Denkhemmung und Grübeltendenzen

Die Gedanken kreisen ununterbrochen um unrealistische Sorgen und Nöte. Es wird ständig gegrübelt. Alles erscheint in düsterem Licht, das bisherige Leben wird als verfehlt, sinn- und zwecklos empfunden. Gespräche sind einsilbig und unproduktiv, Gedankengänge werden nicht zu Ende gebracht. Konzentrationsstörungen beeinträchtigen das Handeln, alle gewohnten Tätigkeiten werden auch hierdurch erschwert. Diese Einschränkungen können in Zusammenhang mit Gedächtnisstörungen zu dem Eindruck verleiten, dass sich eine Demenz entwickelt oder vorliegt.

Hierbei handelt es sich in der Fachsprache um sogenannte “formale Denkstörungen”.
Das Denken kann auch inhaltlich gestört sein. So können wahnhafte, depressive Ideen wie Schuld-, Verarmungs- oder Krankheitsideen auftreten. Häufig werden auch diffuse Ängste geäußert. Hoffnungslosigkeit beherrscht das Denken. Die ganze Welt erscheint düster, das eigene Leiden aussichtslos und das Weiterleben zwecklos. Es können Selbstmordgedanken bzw. Suizidideen auftreten bis zum Selbstmord als vermeintlich einzigen Ausweg aus Verzweiflung und Qual.

Selten kommt es zu einer wahnhaften Verkennung der Umwelt, vor allem zu Misstrauen. Bei der sogenannten “gereizten Depression” besteht die Neigung, das familiäre und berufliche Umfeld als boshaft, ungerecht, lieblos und selbstsüchtig wahrzunehmen.

Weitere Anzeichen

Daneben kommt es im Rahmen einer depressiven Verstimmung häufig zu massiven Schlafstörungen, vermehrter Müdigkeit, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit.

Es können auch Schmerzen oder Missempfindungen am Körper auftreten, welche nicht durch eine körperliche (organische) Erkrankung zu erklären sind. Bei manchen Patienten stehen körperliche Beschwerden ganz im Vordergrund.  Sie sind deshalb nur schwer als Depression zu erkennen. Man spricht dann von einer “larvierten Depression”.

Viele der Betroffenen werden in ihrer depressiven Verstimmung von lebensmüden Gedanken (Suizidideen) geplagt, etwa 15 Prozent der Patienten mit einer schweren Depression nehmen sich das Leben.

Wie sieht die Behandlung bei Depressionen aus?

Die Verdachtsdiagnose einer Post Stroke Depression sollte dann ärztlich beurteilt werden, wenn die Symptome erstmalig nach einem Schlaganfall auftreten, sie länger als zwei Wochen andauern und unabhängig davon sind, wo sich der Patient oder die Patientin befindet (Krankenhaus, Reha-Klinik, zu Hause).

Eine depressive Verstimmung wirkt sich negativ auf die Genesung nach einem Schlaganfall aus. Deshalb ist es erforderlich, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wichtigstes Ziel ist, dass der Patient wieder eine Lebensperspektive bekommt. Welche Therapie für den Patienten geeignet ist oder in welcher Kombination, hängt von der Schwere der Depression sowie dem Behandlungswunsch des Patienten ab.

Nach einer psychiatrischen Untersuchung wird in Übereinkunft mit dem Patienten und oft auch in Abstimmung mit Angehörigen entschieden, ob eine psychotherapeutische Begleitung und/oder eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden soll.

Wenn eine medikamentöse Behandlung angezeigt ist, wird dem Patienten oder der Patientin ein Antidepressivum verschrieben. Die Verträglichkeit dieser Medikamente wird als sehr gut angesehen. Nebenwirkungen bilden sich oft nach einer Gewöhnungsphase zurück.  

Eine wichtige Säule der Depressionstherapie ist die psychologische und psychotherapeutische Hilfe. Psychiater, Psychotherapeuten, Psychologen und auch Hausärzte können dabei helfen, die Beschwerden durch geeignete Gesprächstherapien zu verbessern. Allerdings ist diese Therapie bei Schlaganfallpatienten mit Sprachstörungen oder Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit oft nicht durchführbar.

Eine besonders wichtige Rolle spielen die Angehörigen oder Freunde, die der oder dem Betroffenen verständlich machen, dass sie zur Seite stehen und ihn oder sie bei alltäglichen Angelegenheiten unterstützen.

Post Stroke Depression (PSD): Was sind die typischen Anzeichen?

Hilfestellung

Angehörige mit einbeziehen

Besonders wichtig ist die Einbeziehung von Angehörigen oder Bezugspersonen.  Nur wenn diese das Krankheitsbild und die Krankheitsentwicklung verstanden haben, kann eine gute Unterstützung und Begleitung erfolgen.

Äußere Einflussfaktoren

Nach der Entlassung aus der Klinik sollte überprüft werden, ob Faktoren in der Umgebung eine Rolle spielen: Kommt der Patient oder die Patientin in der Wohnung nicht zurecht, weil sie nicht behindertengerecht ist? Werden die Therapien und Übungen vernachlässigt und gehen damit Erfolge der Rehabilitation verloren? Haben Angehörige Schwierigkeiten mit der neuen Situation und überfordern sie den Patienten oder sind sie ungeduldig oder aggressiv?

Therapie machen

Der Patient oder die Patientin sollte sich in jedem Fall in neurologische und/oder psychiatrische Therapie begeben. Fehlen dem Patienten zu diesem Schritt die Einsicht oder die Energie, dann dürfen die Angehörigen auch auf eine Therapie drängen, da der Betroffene seinen Hilfebedarf möglicherweise selbst nicht verstehen kann.

Suizidgedanken

Sehr wichtig: Wenn die Gedanken eines Betroffenen darum kreisen, sich das Leben zu nehmen oder dieser entsprechende Äußerungen macht, ist schnell Hilfe angesagt. Akute Hilfe bieten verschiedene Organisationen an:
●    Telefonseelsorge: 0800 / 111 01 11 (24 Stunden erreichbar)
●    www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe

Autor: Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen
schlaganfallbegleitung.de/team/prof-dr-med-hansjoachim-vonbuedingen

Datum: Mai 2023

Quellen:
1. Gustavo C. Medeiros, Durga Roy, Nicholas Kontos, Scott R. Beach, Post-stroke depression: A 2020 updated review, General Hospital Psychiatry, Volume 66, 2020, Pages 70-80, ISSN 0163-8343
2. Towfighi, A. et al. (2017). Poststroke Depression: A scientific statement for healthcare professionals from the American Heart Association/American Stroke Association. Stroke 48, e30–e43. doi.org/10.1161/STR.0000000000000113
3. Harrisn, M., Ryan, T., Gardiner, C. & Jones, A. (2016). Psychological and emotional needs, assessment, and support post-stroke: a multi-perspective qualitative study. In: Topics in Stroke Rehabilitation. DOI 10.1080/10749357.2016.1196908
4. Nationale Versorgungs Leitlinie Unipolare Depression, Version 3.1, 2022, abgerufen am 11.04.2023 unter www.leitlinien.de/themen/depression



9-GE-5-14175-02 05-2023

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