Schlaganfall trotz „Blutverdünner“: Wie kann das sein?

Antikoagulanzien, im Volksmund häufig als „Blutverdünner“ bezeichnet, sollen verhindern, dass sich lebensgefährliche Blutgerinnsel bilden. Diese Medikamente erhalten unter anderem Menschen, die unter Vorhofflimmern leiden, um einem (wiederholten) Schlaganfall vorzubeugen. Dennoch kann dieses Ereignis wieder auftreten. Lesen Sie hier mehr über die möglichen Gründe dafür.

Schlaganfall trotz „Blutverdünner“: Wie kann das sein?

Schlaganfall: gar nicht mal so selten

In Deutschland erleiden jährlich mehr als eine Viertel Million Menschen einen Schlaganfall. Der Schlaganfall gehört zu den häufigsten Todesursachen und ist zudem der Hauptgrund für dauerhafte Behinderungen. Schnelles Handeln bei den ersten Anzeichen eines solchen Ereignisses ist daher essenziell.

Oft gehen Patienten davon aus, dass nach einem Schlaganfall das Schlimmste überstanden sei, doch dem ist oft nicht so. Denn: Nach einem überstandenen Schlaganfall erleidet etwa jeder zehnte Mensch den zweiten innerhalb eines Jahres und etwa jeder vierte innerhalb der nächsten fünf Jahre.

Mögliche Gründe für wiederholte Schlaganfälle

Die Gründe für einen wiederauftretenden Schlaganfall sind vielfältig. Forschende gehen davon aus, dass der Schlaganfalltyp die Entstehung eines zweiten beeinflussen könnte. Menschen, die zuvor einen Schlaganfall aufgrund einer Durchblutungsstörung (auch ischämischer Schlaganfall oder Hirninfarkt genannt) erlitten haben, der durch Vorhofflimmern, eine Herzinsuffizienz oder eine Herzklappenerkrankung ausgelöst wurde, erleiden häufiger einen zweiten Hirninfarkt als Menschen mit beispielsweise einer vorangegangenen Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall).

Weitere Gründe für einen zweiten Schlaganfall liegen in den Erkrankungen, die bereits vor dem ersten Ereignis bestanden haben und die als Risikofaktoren gelten. Dazu zählen beispielsweise:

•    Arteriosklerose
•    Bluthochdruck (Hypertonie)
•    Vorhofflimmern
•    Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas)
•    ein hoher Cholesterinspiegel
•    Diabetes mellitus

Diese Erkrankungen bestehen nach einem Schlaganfall in der Regel fort und stellen, wenn unbehandelt, somit weiterhin einen Risikofaktor dar.

Auch der Lebensstil birgt Risiken. Gewohnheiten, die sich besonders stark auf die Wahrscheinlichkeit eines ersten oder erneuten Schlaganfalls auswirken, sind beispielsweise:

•    Rauchen
•    fettiges Essen
•    zu hoher Alkohol-, Zucker- und Salzkonsum
•    Bewegungsmangel

Gesunder Lebensstil bewirkt viel

Einem Schlaganfall vorzubeugen ist in jedem Fall wichtig, unabhängig davon, ob zuvor bereits einer aufgetreten ist oder nicht. Besonders jedoch während der Phase der Erholung und Rehabilitation können manche vorbeugenden Maßnahmen schwerfallen, wie beispielsweise mehr Bewegung in den Alltag reinzubringen und damit Gewicht abzubauen – dies kann anfangs mühselig erscheinen oder schlicht noch nicht möglich sein.

Umso wichtiger ist es in einem solchen Fall, weitere vorbeugende Möglichkeiten im Lebensstil zu beherzigen. Dazu zählen unter anderem der Verzicht auf Zigaretten oder Alkohol. Eine geänderte Essgewohnheit kann zudem die medikamentösen Maßnahmen unterstützen: Eine salzarme Diät hilft dabei, den Blutdruck zu senken und schont damit die Gefäßwände vor einer weiteren Schädigung und entlastet gleichzeitig das Herz. Der reduzierte Genuss von zuckerhaltigen Getränken und Snacks sowie von tierischen Fetten wie Käse oder Fleisch unterstützt dabei, die Blutzucker- und Cholesterinwerte zu kontrollieren. Entsprechende Medikamente können diesen positiven Effekt verstärken.

Vorbeugen mit Medikamenten

Vorerkrankungen sollten nach einem Schlaganfall in der Vorbeugung ebenfalls im Fokus stehen. Allein durch die medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder einem erhöhten Cholesterinspiegel sinkt das Risiko, an einem weiteren Schlaganfall zu erkranken, um 20 bis 30 Prozent – vorausgesetzt, die Medikamente werden konsequent in der vom Arzt bzw. der Ärztin empfohlenen Dosis und Regelmäßigkeit eingenommen. Ein erhöhter Cholesterinspiegel nach einem Schlaganfall wird häufig mit Statinen behandelt.

Um einen weiteren Schlaganfall zu vermeiden, verordnen Ärztinnen und Ärzte auch gerinnungshemmende Medikamente. Wurde der Schlaganfall nicht durch eine vorliegende Herzerkrankung wie Vorhofflimmern ausgelöst, kommen in der Regel Thrombozytenfunktionshemmer wie Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel zum Einsatz. Mit diesen Wirkstoffen lässt sich das Risiko eines zweiten Schlaganfalls bereits um etwa 15 Prozent senken.

Bei Vorhofflimmern haben sich sogenannte orale Antikoagulanzien wie Vitamin-K-Antagonisten oder die neuen oralen Antikoagulanzien bewährt. Konsequent angewendet verhindern diese, dass sich in den Vorhöfen Blutgerinnsel bilden und sie verringern somit das Risiko für einen erneuten Schlaganfall um bis zu 70 Prozent.

Mögliche vorbeugende minimalinvasive Maßnahmen

Auch ein minimalinvasiver Eingriff kann einem zweiten Schlaganfall vorbeugen, so etwa, wenn ein persistierendes Foramen ovale (PFO) vorliegt. Dies ist bei etwa jedem vierten Menschen der Fall. Dieses kleine Loch zwischen den Herzvorhöfen schließt sich in der Regel kurz nach der Geburt, da seine Funktion, das Ungeborene mit dem sauerstoffreichen Blut seiner Mutter zu versorgen, dann nicht mehr benötigt wird. Bleibt es erhalten, so kann es vorkommen, dass vom Körperkreislauf kommendes sauerstoffarmes Blut statt in die Lunge direkt auf die andere Herzseite fließt und sich dort mit dem sauerstoffreichen Blut vermischt.


Auf diese Weise können aus dem Körper kommende Blutgerinnsel, die sich beispielsweise in den tiefen Beinvenen gebildet haben, in die Hirnarterie geschwemmt werden und so einen Schlaganfall auslösen. Mit einem kleinen Schirmchen, einem sogenannten Okkluder, welches über die Leistenvene mittels eines Katheters bis zum Foramen ovale vorgeschoben wird, lässt sich dieses verschließen und damit die Gefahr eines weiteren Schlaganfalls reduzieren.

Auch der Verschluss des linken Vorhofohrs, einer kleinen Ausbuchtung im linken Herzvorhof, mittels Okkluder kann das Schlaganfallrisiko senken. Denn durch den Verschluss des linken Vorhofohrs können Ärztinnen und Ärzte verhindern, dass sich in dieser Ausbuchtung Gerinnsel bilden und von hier in den Körperkreislauf gelangen. Ein Verschluss des linken Vorhofohrs kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn eine Therapie mit Antikoagulanzien aus medizinischen Gründen nicht in Frage kommt oder es Betroffenen schwerfällt, die Antikoagulanzien regelmäßig wie verordnet einzunehmen.

Autorin:  Dipl.-Biol. Anna Besson, medproduction GmbH, www.medproduction.de

Datum: März 2022

Quellen:
1. Flach, Clare et al. “Risk and Secondary Prevention of Stroke Recurrence: A Population-Base Cohort Study.” Stroke vol. 51,8 (2020): 2435-2444. doi:10.1161/STROKEAHA.120.028992
2. Oza, Rupal et al. “Recurrent Ischemic Stroke: Strategies for Prevention.” American family physician vol. 96,7 (2017): 436-440.
3. Röther, Joachim. Sekundärprophylaxe – Den zweiten Schlaganfall verhindern. Dtsch. Ärzteblatt 2015; 112(49): 10; DOI: 10.3238/PersNeuro.2015.12.04.03.
4. Diakonie Klinikum Stuttgart: Verschluss des offenen Foramen ovale. www.diakonie-klinik.de/leistungsspektrum/kliniken-im-ueberblick/innere-medizin/kardiologie/elektrophysiologie/behandlungsschwerpunkte/verschluss-des-foramen-ovale.html (letzter Abruf 03/2022)
5. Freixa, Xavier et al. “Left Atrial Appendage Occlusion as Adjunctive Therapy to Anticoagulation for Stroke Recurrence.” The Journal of invasive cardiology vol. 31,8 (2019): 212-216.


9-GE-5-13289-02 04-2022

 

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