Schlaganfall und Autofahren: Geht das?

Beweglichkeit wie zum Beispiel der Schulterblick oder schnelles Reaktionsvermögen sind nur zwei Fähigkeiten, die zum Autofahren notwendig sind. Nach einem Schlaganfall können genau diese Fähigkeiten jedoch beeinträchtigt sein. Was nach einem Schlaganfall in Bezug auf das Autofahren gilt und welche Möglichkeiten es gibt, mobil zu bleiben, erfahren Sie hier.

Schlaganfall und Autofahren: Geht das?

Schlaganfall: Folgen für die Fahrtauglichkeit

Autofahren ist eine komplexe Fähigkeit, die Beweglichkeit, Aufmerksamkeit und alle Sinne des Menschen beansprucht. Nach einem Schlaganfall können unterschiedliche neurologische Störungen auftreten, die das Autofahren einschränken. Dazu zählen unter anderem:

•    Halbseitenlähmungen
•    Gefühlsstörungen und Spastiken von Armen und Beinen
•    Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen

Der Schulterblick oder ein schnelles Bremsen sind dann beispielsweise schwer oder gar nicht mehr möglich. Zudem haben Menschen nach einem Schlaganfall häufig Probleme mit dem Sehen als auch mit der Konzentrationsfähigkeit sowie mit der Aufmerksamkeit. Ein Schlaganfall kann somit viele Fähigkeiten einschränken, die grundlegend für unsere Fahrtauglichkeit sind.

Meldepflicht des Schlaganfalls?

Schon im Entlassungsbrief aus dem Krankenhaus oder der Rehabilitationsklinik fügen Ärzte bzw. Ärztinnen üblicherweise einen Hinweis darauf ein, dass die Fahrtauglichkeit durch den Schlaganfall kurz- oder langfristig eingeschränkt ist. Gleichzeitig existiert in Deutschland keine Meldepflicht für Krankheiten, die die Fahrtauglichkeit einschränken können. Unter diese Erkrankungen fällt der Schlaganfall, aber beispielsweise auch Epilepsie, Herzrhythmusstörungen, Parkinson, Depression oder Diabetes, sofern die Gefahr einer Unterzuckerung besteht. Die Einschränkungen sind dabei entweder durch die Erkrankung selbst oder durch die einzunehmenden Medikamente, die im Rahmen der Therapie notwendig sind, bedingt.

Kein Fahrverbot, jedoch Vorsorge-Pflicht

Ihnen wird nach einem Schlaganfall von der Fahrerlaubnisbehörde der Führerschein nicht automatisch entzogen. Allerdings sind Sie als Betroffener oder Betroffene nach der Fahrerlaubnis-Verordnung dazu verpflichtet, dafür vorzusorgen, dass Sie sicher am Straßenverkehr teilnehmen können und sich sowie andere Verkehrsteilnehmer nicht „infolge körperlicher oder geistiger Mängel“ gefährden.
Fahren Sie mit bestehenden Einschränkungen infolge des Schlaganfalls trotzdem Auto, droht Ihnen sowohl der Verlust des Führerscheins als auch des Versicherungsschutzes – und gegebenenfalls sogar eine strafrechtliche Klage. Bevor Sie sich hinter das Lenkrad setzen, ist es also notwendig, dass Sie sowohl für Ihre als auch für die Sicherheit anderer nachweisen, dass Ihre Fahrtauglichkeit nicht eingeschränkt ist.

Wie weisen Sie Ihre Fahrtauglichkeit nach?

Zum Nachweis der Fahrtauglichkeit gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie lassen Ihre Eignung zum Autofahren nach einem Schlaganfall amtlich – über die Fahrerlaubnisbehörde –oder nicht-amtlich nachweisen. Dazu melden Sie sich freiwillig bei der Fahrerlaubnisbehörde und informieren über die Erkrankung und eine mögliche Fahruntauglichkeit. Eine gesetzliche Vorgabe gibt es in Deutschland nicht.

Amtlicher Nachweis der Fahrtauglichkeit

Dies ist der offizielle Weg, der insbesondere für Menschen, die aus beruflichen Gründen ein Fahrzeug führen, ratsam ist. Dazu wenden Sie sich an die Fahrerlaubnisbehörde, oft auch als Führerscheinstelle bezeichnet. Dort erhalten Sie dann alle Informationen, welche Dokumente Sie in welchem Zeitraum einreichen müssen.

Besorgen Sie idealerweise schon vor der Meldung bei der Fahrerlaubnisbehörde einige Unterlagen wie den ärztlichen Entlassungsbrief der Reha-Klinik, damit Sie mit der vorgegebenen Frist nicht in Bedrängnis kommen. Sollte es nämlich zu Verzögerungen kommen und Sie halten dadurch die vorgegebene Frist nicht ein, kann Ihnen der Führerschein kostenpflichtig entzogen werden.

Dies ist der offizielle Weg, der insbesondere für Menschen, die aus beruflichen Gründen ein Fahrzeug führen, ratsam ist. Dazu wenden Sie sich an die Fahrerlaubnisbehörde, oft auch als Führerscheinstelle bezeichnet. Dort erhalten Sie dann alle Informationen, welche Dokumente Sie in welchem Zeitraum einreichen müssen.

Als erstes fordert das Amt in der Regel das verkehrsmedizinische Gutachten an, das beispielsweise durch einen Neurologen bzw. eine Neurologin mit einer verkehrsmedizinischen Qualifizierung erfolgt. Dieses Gutachten wird wiederum nach der Rehabilitation erstellt und wenn Ihr behandelnder Arzt oder Ihre Ärztin Ihnen eine erfolgreiche Therapie und Ihre Fahrtauglichkeit bestätigt. Das Gutachten umfasst umfangreiche und diverse Untersuchungen und gibt Auskunft darüber, welche Fähigkeiten und Einschränkungen bei der betroffenen Person bestehen, welche Medikamente eingenommen werden und wie die Fahrtauglichkeit eingestuft wird.

Zudem fordert die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel den Nachweis eines Reaktionstests (neuropsychologisches Gutachten) an. Anhand von Computertests werden hier in erster Linie die
•    Reaktionsfähigkeit,
•    Belastbarkeit,
•    visuelle Orientierung,
•    und Konzentrationsfähigkeit

sowie mögliche vorliegende Funktionsstörungen in diesen Bereichen überprüft. Daneben fordert die Behörde auch eine Fahrprobe, bei der oft auch ein sogenanntes technisches Gutachten erstellt wird. Diese etwa ein- bis eineinhalbstündige Probefahrt erfolgt in der Regel bei Fahrschulen. Einige Fahrschulen sind sogar auf Personen mit Beeinträchtigungen spezialisiert und besitzen entsprechend umgebaute Fahrzeuge. Bei der Probefahrt beurteilen ein Fahrlehrer bzw. eine Fahrlehrerin und ein Prüfer bzw. eine Prüferin (von TÜV oder DEKRA) Ihr Fahrverhalten und inwiefern das Auto eventuell umgebaut werden müsste.

Reicht der Behörde das jeweilige fachärztliche Gutachten nicht, fordert sie manchmal zusätzlich eine sogenannte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) an. Die MPU besteht in der Regel aus einer medizinischen Untersuchung, verschiedenen Leistungsdiagnosetests (zum Beispiel zum Auffassungsvermögen von Verkehrssituationen) evtl. mit einer Fahrverhaltensbeobachtung und einem Gespräch mit einem Psychologen oder einer Psychologin.

Wenn Sie alle Nachweise erfolgreich erbracht und bei der Fahrerlaubnisbehörde eingereicht haben, erhalten Sie eine amtliche Bestätigung Ihrer Fahrtauglichkeit, die nicht angezweifelt werden kann. In manchen Fällen wird im Führerschein ein Vermerk gemacht (Schlüsselzahlen) über Besonderheiten wie beispielsweise ein angepasstes Bremspedal. Nach einer gewissen Zeit kann es auch sein, dass das Amt eine erneute Überprüfung der Fahrtauglichkeit fordert.

Nicht-amtlicher Nachweis der Fahrtauglichkeit

Beim nicht-amtlichen Weg ist es wichtig, dass Sie schriftliche Belege über Fahrtauglichkeit zusammentragen, aus denen hervorgeht, dass Sie vorsorglich gehandelt haben. Dadurch ist es möglich, dass Sie zum Beispiel bei einem Unfall nachweisen können, dass Sie Ihre Vorsorgepflicht erfüllt haben. Vor allem für Personen, die nach einem Schlaganfall keine langfristigen Einschränkungen aufweisen, die sichtbar oder spürbar wären. Diese Nachweise umfassen mindestens folgende Dokumente:

•    Gutachten durch den behandelnden Arzt (Neurologe bzw. Neurologin) oder besser eines Verkehrsmediziners bzw. einer Verkehrsmedizinerin darüber, dass Ihr Zustand stabil ist und Sie nicht akut rückfallgefährdet sind
•    Neuropsychologische Untersuchungen in einer neurologischen Praxis oder Klinik
•    Augenärztliches Gutachten, um mögliche Sehstörungen oder Gesichtsfeldbegrenzungen auszuschließen

Sie können diese zudem um weitere Dokumente ergänzen. Dabei kommen alle Untersuchungsnachweise zur Fahrtauglichkeit infrage, die auch von der Behörde gefordert werden. Der nicht-amtliche Weg bietet im Gegensatz zum amtlichen Weg keine vollständige Rechtssicherheit.

Welche Kosten fallen an?

Viele der Gutachten bewegen sich in einem dreistelligen Bereich, sodass die Gesamtkosten schnell einen vierstelligen Bereich erreichen. Falls Ihr Auto für die Nutzung auch umgebaut werden muss, fallen hier oft weitere Kosten an. Diese hängen vom Ausmaß des Umbaus ab. Fahrzeug-Umbauten müssen zudem vom Amt überprüft und bewilligt werden. Manchmal lohnt sich dann die Neuanschaffung eines bereits entsprechend umgerüsteten Kraftfahrzeugs.

Wer trägt die Kosten?

In vielen Fällen sind die Kosten privat zu leisten. Benötigen Sie die Nachweise zur Fahrtauglichkeit für die Ausübung Ihres Berufes, gibt es mitunter Zuschüsse oder Kostenübernahmen. Diese sind auf jeden Fall vorab bei diversen Stellen wie Berufsgenossenschaften, Versicherungen wie der Deutschen Rentenversicherung oder bei der Bundesagentur für Arbeit zu erfragen. Auch einige Automobilhersteller bieten Personen mit Behinderungen bestimmte Nachlässe auf den Kaufpreis an. 

Der Weg zurück in die Automobilität nach einem Schlaganfall ist unter Umständen aufwändig und mit Kosten verbunden, aber unter bestimmten Voraussetzungen durchaus möglich.

Autorin:  Sabina Filipovic, medproduction GmbH, www.medproduction.de

Datum: März 2022

Quellen:

1. Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V.: S3-Leitlinie Schlaganfall, AWMF-Register-Nr. 053-011(Stand: 02/2020)
2. Marx, P. et al. Positionspapier der Deutsche Gesellschaft für Neurowissenschaftliche Begutachtung (DGNB), Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC), Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR), Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP): Fahreignung bei Hirngefäßerkrankungen (Stand: 11/2018)
3. Deutsche Schlaganfallhilfe: Das behindertengerechte Auto. www.schlaganfall-hilfe.de/de/gesundheitsmagazin/2022/ausgabe-1/2022-autofahren-nach-schlaganfall/das-behindertengerechte-auto (Abruf 03/2022)
4. Deutsche Schlaganfallhilfe. Autofahren nach Schlaganfall – Eine Anleitung zu mehr Mobilität. Broschüre (Stand: 05/2019) www.schlaganfall-hilfe.de/fileadmin/files/SDSH/Medien-_und_Warenkorb/autofahren_nach_schlaganfall.pdf (Abruf  03/2022)
5. Schlaganfall-Ring: Autofahren nach Schlaganfall. www.schlaganfall-ring.de/schlaganfall-infos/autofahren/ (letzter Abruf am 17.03.2022)


9-GE-5-13290-02 04-2022

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