Schon gewusst? 5 Fakten zum Schlaganfall

Der Schlaganfall ist ein einschneidendes Lebensereignis – unabhängig davon, ob man ihn selbst durchlebt hat oder jemand aus dem engsten Kreis betroffen ist. Oft machen sich Angehörige in einer solchen Situation auf die Suche nach Informationen oder Erfahrungsberichten. Hier haben wir fünf Fakten zum Thema Schlaganfall für Sie zusammengetragen.

Schon gewusst? 5 Fakten zum Schlaganfall

Fakt 1: Musik (re)organisiert das Hirn

Ein Schlaganfall (Apoplex) hat massive Auswirkungen auf das Gehirn und seine empfindlichen Strukturen. Diese werden unter anderem von den Nervenzellen gebildet, die auf die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung durch das Blut angewiesen sind. Wird diese Versorgung im Rahmen eines Schlaganfalles unterbrochen, sterben die Nervenzellen bald ab. Daher ist die rasche notärztliche Behandlung und Einlieferung in eine Stroke-Unit – eine auf Schlaganfallpatienten spezialisierte Abteilung im Krankenhaus – sehr wichtig, um Schlaganfallfolgen abzumildern. Denn da Nervenzellen in der Regel nicht nachwachsen oder neu gebildet werden können, kann sich ein Schlaganfall auf viele verschiedene Lebensbereiche auswirken. Welche das sind und wie stark diese eingeschränkt sind, hängt stark davon ab, welche Stelle im Gehirn in welchem Ausmaß betroffen ist.

Nach einem Schlaganfall ist Rehabilitation (kurz: Reha) angesagt. Dabei setzen die Therapeutinnen und Therapeuten auf das Reorganisationsvermögen, also die Neuroplastizität, des Gehirns. Das bedeutet, dass die Nervenzellen bei entsprechender Stimulation dazu in der Lage sind, sich mit ihren Zellfortsätzen neu miteinander zu vernetzen und damit auch in andere Hirnareale einzusprossen. Daher werden in der Reha die Hirnareale, die nicht vom Schlaganfall betroffen sind, dazu motiviert, die Aufgaben der betroffenen Regionen zu übernehmen. Das kann durch entsprechende physiotherapeutische Maßnahmen geschehen, aber auch (begleitend) durch Musik.

Der musikalischen Rhythmusverarbeitung wird in der menschlichen Evolution eine Schlüsselrolle zugeschrieben, weil sie maßgeblich unsere kognitiven, motorischen und sozialen Systeme beeinflusst hat. Sie hat uns im Laufe der Evolution dazu befähigt, eine Sprache auszubilden und uns unseren Mitmenschen gegenüber auszudrücken, dabei Mitgefühl und Verständnis zu empfinden und koordinierte Bewegungen auszuführen.

Dies setzte die Fähigkeit der Gehirnzellen voraus, sich über verschiedene Hirnareale hinaus miteinander vernetzen zu können. Das passiert bereits bei musikalischen Aktivitäten wie Tanzen zu einem beliebigen Rhythmus, Hören von Musik oder Musizieren.

So ließ sich zum Beispiel im Rahmen einer Studie bei Menschen, die seit Jahren regelmäßig Schlagzeug spielen, feststellen, dass bei ihnen im Hauptverbindungstrakt zwischen den Hirnhälften weniger, aber dafür dickere Nervenfasern verlaufen als bei unmusikalischen Menschen. Gleichzeitig sind die motorischen Hirnareale effizienter organisiert. Solche neuroplastischen Veränderungen lassen sich auch bei Menschen feststellen, die erst später im Leben angefangen haben, ein Instrument zu spielen.

Der Effekt von Musik auf das Gehirn scheint auch im Rahmen der Musiktherapie nach einem Schlaganfall hilfreich zu sein und den Patientinnen und Patienten am meisten zu nützen, wenn sie frühzeitig begonnen wird. Die dadurch entstehenden neuroplastischen Veränderungen sind langfristig, dabei können die Zellfortsätze der Nervenzellen viele Zentimeter lang werden. Damit besteht eine Chance, dass z. B. Aufgaben der linken Hirnhälfte auch von der rechten Hirnhälfte übernommen werden könnten. Dennoch gilt: Je größer das Areal ist, das die Nervenzellen nach einem Schlaganfall bis zur nächsten funktionsfähigen Struktur überwinden müssen, desto mühsamer und geringer ist die Chance auf eine Neuverschaltung.

Fakt 2: Sex ist wie Treppensteigen

Nach einem Schlaganfall ist vieles im Leben erstmal anders als vorher. Oft wirkt sich diese neue Situation auch auf einen für die Partnerschaft wichtigen Bereich aus: die Sexualität. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein, wie zum Beispiel ein anderes Verhältnis zum eigenen Körper, eine Depression, die mit einer eingeschränkten Libido einhergeht, oder eine verbleibende körperliche Einschränkung wie eine Lähmung. Viele Menschen entwickeln aber auch die Angst davor, durch sexuelle Aktivität einen weiteren Schlaganfall auszulösen. Diese Angst ist jedoch nicht berechtigt. Sex ist nicht mit einer höheren körperlichen Belastung verbunden als die Treppen in den zweiten Stock hoch zu laufen. Sollten Ängste und Befürchtungen bestehen, ist es ratsam, mit dem Partner oder der Partnerin sowie dem behandelnden Arzt zu sprechen.

Fakt 3: Lebensstil beeinflusst Schlaganfallrisiko

Auch wenn Menschen jeden Alters von einem Schlaganfall betroffen sein können, steigt das Risiko mit dem Alter an. Dabei sind Frauen in der Regel älter als Männer, wenn sie einen Schlaganfall erleiden. Daher fallen hier die Folgen aufgrund des fortgeschrittenen Alters und eventuell bereits bestehender Krankheiten meist schwerer aus. Das Risiko für einen Schlaganfall steigt mit dem Vorliegen verschiedener Risikofaktoren. Dabei lassen sich manche nicht abändern, zum Beispiel das Alter, genetische Faktoren sowie das Geschlecht.

Mit der bewussten Entscheidung dazu, auf bestimmte Lebensgewohnheiten zu verzichten oder gesündere zu etablieren, lässt sich das Schlaganfallrisiko jedoch senken:

  • Stoffwechselerkrankungen wie die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sollten gut eingestellt sein.
  • Übergewicht sollte durch mehr Bewegung und eine gesunde und ausgewogene Ernährung reduziert werden.
  • Bluthochdruck und ein erhöhter Cholesterinspiegel sollten mit geeigneten Maßnahmen behandelt werden.
  • Der vollständige Verzicht auf Zigaretten und Alkohol ist ebenfalls ein erstrebenswertes Ziel.

Fakt 4: PFO-Verschluss – eine Form der Schlaganfallprävention

Normalerweise sind der linke und der rechte Herzvorhof vollständig durch eine Herzwand (das Septum) getrennt und damit der Blutdurchfluss vom rechten in den linken Vorhof versperrt. Bei einem offenen Foramen ovale (persistierende foramen ovale, PFO) jedoch hat sich diese lappenförmige Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen nach der Geburt nicht verschlossen. Das Foramen ovale dient dazu, während die Lunge des Fötus noch nicht voll entwickelt ist, diesen mit dem sauerstoffreichen Blut der Mutter zu versorgen, welches so durch den Körper des Fötus zirkulieren kann. Verschließt sich diese Öffnung nach der Geburt nicht, kann das sauerstoffarme Blut vom rechten Vorhof – statt in die Lunge – direkt in den linken Vorhof gelangen. So kann es passieren, dass auch eventuelle Blutgerinnsel auf die linke Herzseite gelangen. Von hier aus können sie in den Körperkreislauf gelangen und einen Schlaganfall auslösen.

Menschen zwischen 16 und 60 Jahren mit einem PFO können von einem Okkluder, einem kleinem scheibenförmigen Schirmchen, der die Öffnung zwischen den Vorhöfen abdichtet, profitieren. Voraussetzung dafür ist ein vorangegangener Schlaganfall durch ein Blutgerinnsel und die Abwesenheit anderer Risikofaktoren wie zum Beispiel Vorhofflimmern oder Arteriosklerose. Denn nur wenn der Schlaganfall mit hoher Wahrscheinlichkeit durch ein PFO verursacht wurde, eignet sich dieser interventionelle PFO-Verschluss als sekundäre Schlaganfallprävention. Zudem muss die Öffnung eine kritische Größe haben.

Fakt 5: LAA-Verschluss: Das Thrombensieb bei Vorhofflimmern

Spricht bei Menschen mit Vorhofflimmern eine Unverträglichkeit oder ein hohes Blutungsrisiko gegen eine dauerhafte Antikoagulation zur Schlaganfallprävention, stellt der Verschluss des linken Vorhofohrs (engl. left atrial appendage, LAA) mittels eines LAA-Okkluders eine Behandlungsoption dar. Denn bei Vorhofflimmern können Blutgerinnsel im linken Vorhofohr entstehen, die dann zum Gehirn wandern können; durch einen Okkluder lässt sich das Vorhofohr wirksam abdichten. Der Okkluder wird katheterbasiert über die Leistenvene bis vor den Eingang des linken Herzohrs geschoben und dann aufgespannt, wodurch das Herzohr verschlossen wird. Dieser Eingriff dauert etwa ein bis zwei Stunden und stellt für viele Patienten eine schonendere Alternative zu einer Operation dar, bei welcher das Brustbein geöffnet werden müsste. Zudem ist hier keine Vollnarkose notwendig – beides Aspekte, die dazu beitragen können, dass Patienten sich schneller erholen.

 

Autorin: Anna Besson, medproduction GmbH, www.medproduction.de

Datum: August 2021

Quellen:

1. Speth F, Evers S. Musik in der Neurohabilitation nach einem Schlaganfall. Nervenheilkunde 6/2018. Schattauer Verlag.
www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0038-1667398.pdf (Abruf: 08/2021)

2. Deutsches Gesundheitsportal. Wie Schlagzeugspielen das Gehirn verändert.
dmkg.de/kopfschmerz-erkrankungen/stellungnahmen/offene_foramen_ovale (Abruf: 08/2021)

3. Korpelainen J T, Nieminen P, Myllyla V V: Sexual functioning among stroke patients and their spouses. Stroke. 1999;30: 715-719. © 1999 American Heart Association, Inc.

4. Diener HC, Grau A, Baldus S et al. Kryptogener Schlaganfall und offenes Foramen ovale. S2e-Leitlinie, 2018; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online:
www.dgn.org/leitlinien (Abruf: 08/2021)

5. Medical Tribune. Schlaganfall-Patienten: Bessre geht’s mit Musik.
https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/schlaganfall-patienten-besser-gehts-mit-musik/ (Abruf: 08/2021)

6. Deutsche Schlaganfall Hilfe. Risikofaktoren erkennen – dem Schlaganfall vorbeugen.
https://www.schlaganfall-hilfe.de/de/verstehen-vermeiden/risiken-erkennen-und-vermeiden/schlaganfall-risiken/allgemein/ (Abruf: 08/2021)

7. Neurowissenschaftliche Gesellschaft e.V. Steter Tropfen führt zum Schlaganfall.
https://www.dasgehirn.info/krankheiten/schlaganfall/steter-tropfen-fuehrt-zum-schlaganfall (Abruf: 08/2021)

8. Neurowissenschaftliche Gesellschaft e.V. Musik ist das Brot unseres Geistes.
https://www.dasgehirn.info/entdecken/grosse-fragen/musik-ist-das-brot-unseres-geistes#:~:text=Musizieren%20ver%C3%A4ndert%20das%20Gehirn%20und%20f%C3%BChrt%20zu%20einer,begonnen%20haben%2C%20mit%20Freude%20und%20intensiv%20zu%20%C3%BCben (Abruf: 08/2021)

9. Neurowissenschaftliche Gesellschaft e.V. Erholung nach dem Hirninfarkt.
https://www.dasgehirn.info/krankheiten/schlaganfall/erholung-nach-dem-hirninfarkt (Abruf: 08/2021)

10. ÄrzteZeitung.de. Das Alter macht den Unterschied.
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Das-Alter-macht-den-Unterschied-240379.html (Abruf: 08/2021)

 

9-GE-5-12630-02 09-2021

FAST-Test App

Schlaganfall Symptome erkennen
FAST-Test App - Schlaganfall Symptome erkennen
App herunterladen