Wie kann ich Menschen nach einem Schlaganfall unterstützen?

Die Zeit nach einem Schlaganfall ist nicht nur für Betroffene eine Herausforderung. Auch Angehörige und Partner müssen sich in vielen Belangen auf neue Umstände einstellen. Möchten Sie Betroffene unterstützen, geht das auf vielfältige Art und Weise, jedoch sollten Sie darauf achten, sich dabei selbst nicht zu vernachlässigen.

Wie kann ich Menschen nach einem Schlaganfall unterstützen?

Während des Krankenhausaufenthalts

Bereits in der Zeit kurz nach dem Schlaganfall können Angehörige sich bei einer Beratungsstelle und im Krankenhaus darüber informieren, inwiefern im Alltag Änderungen zu erwarten sind, wie man sich darauf einstellen kann und ob es Möglichkeiten der finanziellen oder therapeutischen Unterstützung gibt. Möglichst bald nach einem Schlaganfall bietet sich für die meisten Betroffenen eine Rehabilitation an, also der (teil)stationäre Aufenthalt in einer Einrichtung, in der jeden Tag meist Physio-, Ergo- und/oder Logotherapien stattfinden, um feinmotorische Fähigkeiten oder das Sprechen und Schlucken zu trainieren und um Alltagsaufgaben möglichst selbstständig durchzuführen. Gegen Ende des Aufenthaltes findet ein Gespräch statt, bei dem Betroffene sowie auch Angehörige sich über den Fortschritt und das weitere Vorgehen informieren können. So lässt sich die Zukunft im eigenen Zuhause besser planen.

Zu Hause – Therapien fortsetzen und wieder einleben

Nach der Rückkehr in die eigene Wohnung stellen viele Menschen fest, dass sie auch hier mit ihren neuen Einschränkungen zurechtkommen müssen und vor neue Herausforderungen gestellt werden. Die Wohnung sollte deshalb auf die Betroffenen und ihre möglichen Behinderungen angepasst werden, beispielsweise indem Hilfsmittel für die Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben angeschafft werden oder sogar durch Umbauten, um beispielsweise den Verlust des sicheren Gehens durch Handläufe an den Treppen oder einen Treppenlift auszugleichen. Da insbesondere Umbauten Zeit in Anspruch nehmen können, ist es sinnvoll, wenn Sie als Angehörige bzw. Angehöriger bereits in der Klinik den Sozialdienst auf dieses Thema ansprechen. Bei sehr umfassenden Einschränkungen müssen Sie sich vielleicht auch um einen Pflegedienst bemühen.
Abhängig davon, welche Funktionen des Körpers nach einem Schlaganfall eingeschränkt sind, finden auch nach dem Krankenhausaufenthalt längerfristig Therapien statt. Denn viele Fähigkeiten können im Rahmen einer intensiven Therapie wiedererlangt werden – und das auch noch Monate oder gar Jahre nach dem Schlaganfall. Entscheidend für eine möglichst schnelle Verbesserung aller Funktionen ist der frühe Therapiebeginn und das kontinuierliche Training. Für die Behandlung kommen die Therapeutinnen und Therapeuten teils nach Hause; sind die Betroffenen mobil genug, kann jedoch auch die Praxis aufgesucht werden. Hier ist es wichtig, sich frühzeitig um einen Therapieplatz zu bemühen, da es je nach Region und Zahl der Therapiezentren zu Wartezeiten kommen kann.

Motivation ist das A und O

Zusätzlich ist es essenziell, dass die Betroffenen auch ohne die Anwesenheit des therapeutischen Personals zu Hause üben. Dazu erhalten sie oft „Hausaufgaben“, die alleine durchgeführt werden können. Beispielsweise können bei mangelnder Kontrolle der Handmuskulatur bestimmte Greifbewegungen durchgeführt oder beim Neuerlernen der Sprache die Mundposition bei bestimmten Lauten vor einem Spiegel trainiert werden. Unterstützen Sie Betroffene dabei, diese Fähigkeiten neu zu erlernen. Hier ist es jedoch wichtig, nicht überhöhte Erwartungen zu schüren oder unwissentlich Druck aufzubauen, indem man versichert, dass bald schon wieder alles so werde wie früher. Motivierend ist es eher, Tätigkeiten vorzuschlagen, die Betroffene leicht heraus- aber nicht überfordern. Das können Tätigkeiten wie Malen, Spiele, aber auch kleine Ausflüge sein. Ein bisschen Bewegung hilft nicht nur dabei, körperliche Funktionen wiederaufzubauen, sondern kann auch bei gereizter Stimmung weiterhelfen, das Wohlbefinden zu erhöhen.

Mit möglichen Einschränkungen umgehen lernen

Vor und nach der Rückkehr ins eigene Zuhause müssen mögliche Alltagseinschränkungen berücksichtigt werden. Ist beispielsweise die Mobilität der Betroffenen nun eingeschränkt und muss eventuell die Wohnung mit entsprechenden Hilfsmitteln ausgestattet werden oder braucht die betroffene Person Unterstützung bei bestimmten Aufgaben? Beeinträchtigungen wie Schluckprobleme können zu Frustrationen führen, wenn beispielsweise das Abendessen plötzlich zur Herausforderung wird. Und gerade wenn nach einem Schlaganfall die Sprache oder das Verständnis beeinträchtigt ist, kann sich auch die Kommunikation schwierig gestalten: Schlaganfallbetroffene wissen oft genau, was sie sagen möchten, die richtigen Worte wollen sich schlicht nicht aussprechen lassen. Dies alles kann zu großer Unzufriedenheit bei den Betroffenen führen und auch für Angehörige emotional belastend sein. Teilweise können hier Kommunikationshilfen wie Buchstabentafeln oder schlicht das Smartphone unterstützend zum Einsatz kommen, um die Zeit bis zur Wiederherstellung der sprachlichen Fähigkeiten zu überbrücken. Generell sollten jedoch weiterhin so häufig wie möglich Gespräche stattfinden, die nicht nur aus „Ja/Nein“-Fragen bestehen. Denn erstens trainiert das die sprachlichen Fähigkeiten und zweitens ist der Meinungsaustausch mit anderen Menschen für uns alle elementar.

Hilfreiche Tipps bei Kommunikationsproblemen finden Sie auf der Seite der Schlaganfall-Hilfe:
https://www.schlaganfall-hilfe.de/de/fuer-betroffene/alltag-mit-schlaganfall/angehoerige/wenn-die-kommunikation-schwierig-ist

Persönlichkeitsveränderungen begegnen

All diese neuen Einschränkungen führen oft zu Scham bei den Betroffenen und können stark das Selbstbewusstsein angreifen, wenn sie bisher simple und/oder sehr persönliche Dinge wie beispielsweise die eigene Körperhygiene nicht mehr alleine bewältigen können. Das emotionale Gleichgewicht kann daher insbesondere am Anfang stark beeinträchtigt sein. Auch andere Persönlichkeitsveränderungen sind nach einem Schlaganfall nicht ungewöhnlich, zum Beispiel Distanzlosigkeit, Zurückgezogenheit, Reizbarkeit, Missachtung sozialer Normen oder Misstrauen. Viele Persönlichkeitsveränderungen bilden sich im Lauf der Zeit zwar zurück, damit konfrontiert zu werden, kann für Angehörige dennoch sehr belastend sein. Nicht immer merken Betroffene selbst, dass sich ihr Verhalten verändert hat, daher ist es sinnvoll, in Ruhe das Gespräch zu suchen. Machen Sie dabei keine Vorwürfe, sondern erfragen Sie, wie sich die betroffene Person fühlt und weisen Sie darauf hin, wo sich ihr Verhalten aus Ihrer Sicht verändert hat, um gemeinsam zu überlegen, wie man gemeinsam positive Veränderungen schaffen kann.
Etwa ein Drittel der Erkrankten entwickelt nach einem Schlaganfall sogar eine behandlungsbedürftige Depression. Allgemein ist es also wichtig, dass auch die emotionale Seite nicht vernachlässigt wird. Betroffene sollten das ärztliche Gespräch suchen, wenn sie sich häufig niedergeschlagen, traurig oder hoffnungslos fühlen und keine Motivation mehr für weiterhin mögliche Aktivitäten aufbringen können, die ihnen bisher Freude bereiteten.

Sich selbst nicht vernachlässigen

Wer nicht auf sich selbst Rücksicht nimmt, kann auf Dauer auch niemand anderen versorgen. Achten Sie also auch auf Ihre eigenen Grenzen, um sich nicht selbst zu überfordern. Anderen Hilfe zu leisten ist löblich und wichtig, doch die Unterstützung einer Person, die einen Schlaganfall erlitten hat, kann allein aufgrund von Terminorganisationen und Antragsstellungen viel Zeit einnehmen und sich als sehr anspruchsvoll herausstellen, gerade wenn Sie all diese Herausforderungen auch noch neben der Arbeit bewältigen müssen. Fühlen Sie sich nicht verpflichtet, alles selbst zu machen. Vielleicht ist es Ihnen unangenehm, fremde Menschen in Ihre Wohnung zu lassen, doch es ist nie ein Zeichen mangelnder Kompetenz, Fachleute hinzuzuziehen. Das gilt auch für die Pflege von Familienmitgliedern.

Selbst als ausgebildete Fachkraft ist es etwas anderes, Angehörige zu versorgen – noch dazu, wenn man im gleichen Haushalt lebt. Es ist nachvollziehbar, eine nahestehende Person komplett selbst versorgen zu wollen, doch im Gegensatz zum Beruf gibt es bei der Vollzeitpflege keinen Feierabend. Zusätzlich zu den eigentlichen pflegerischen Tätigkeiten muss man sich ohne fachliche Distanz mit den neuen Einschränkungen und Veränderungen im Alltag eines geliebten Menschen auseinandersetzen, der zuweilen vielleicht auch die eigene Frustration an einem auslässt. All das kann psychisch sehr belastend sein. Suchen Sie sich daher rechtzeitig Unterstützung und achten Sie darauf, auch einmal Zeit für sich zu nehmen und abschalten zu können.

Sollten Sie Hilfe benötigen, können Sie sich auch an eine der Beratungsstellen für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige wenden oder eine Pflegeberatung beantragen.

Weiterführende Links:
Auf der Seite des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) können Sie nach Pflegeberatungsstellen in der Nähe suchen: https://www.zqp.de/beratung-pflege/

Mehr zur Pflegeberatung erfahren Sie auf den folgenden Seiten:
https://www.pflege.de/pflegende-angehoerige/pflegewissen/pflegeberatung/
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/online-ratgeber-pflege/beratung-im-pflegefall.html
https://www.netzwerk-selbsthilfe.com/pflege/selbsthilfegruppenplfege.html

 

Autorin:  Tanja Peschel, medproduction GmbH, www.medproduction.de

Datum: August 2021

Quellen:

1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. S3-Leitlinie Schlaganfall. AWMF-Nr. 053-011 (Stand 2/2020); unter:
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-011l_S3_Schlaganfall_2021-03.pdf (Abruf 08/2021)

2. Enderby P et al. Accessing rehabilitation after stroke - a guessing game?. Disabil Rehabil. 2017;39(7):709-713.

3. Demain S et al. Recovery plateau following stroke: fact or fiction?. Disabil Rehabil. 2006;28(13-14):815-821.

4. Stroke Association. Changes to behavior; unter:
https://www.stroke.org.uk/effects-of-stroke/changes-to-behaviour#Does%20it%20get%20better (Abruf 08/2021)

 

9-GE-5-12634-02 09-2021

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